Gerd Bacher: “Glück ist, wenn es echt ist”

Es war immer eine Herausforderung, mit Gerd Bacher zu diskutieren – zum Beispiel über Europa. Im Juni 2011 durfte ich für den “Standard” ein Drei-Generationen-Gespräch über das Glück führen: mit Helga Rabl-Stadler, der Präsidentin der Salzburger Festspiele, ihrem Vater Gerd Bacher, dem ORF-Urgestein, und ihrem Sohn Maximilian Rabl.

Am Samstag, den 27. Juni 2015, starb Gerd Bacher im 90. Lebensjahr an den Folgen eines Schlaganfalls. Aus diesem Grund ein paar Passagen aus dem Interview, das in der der Wochenendausgabe vom 22./23.6.2011 unter dem Titel “Glück ist, wenn es echt ist” veröffentlicht wurde.

Herr Bacher, Sie waren 20 Jahre lang ORF-Generalintendant. Was bedeutet Glück für Sie?

Bacher: Ich habe mir über das Glück noch nie den Kopf zerbrochen, aber ich weiß, dass ich ein Sohn des Glücks bin. Weil ich fast mein ganzes Berufsleben hindurch meinen Vorstellungen entsprechend arbeiten konnte. Den ORF führen zu dürfen hielt ich jeden Tag während dieser 20 Jahre für das Glück meines Lebens. Wenn ich mir vorstelle, wie viele Menschen Jahrzehnte mit ungeheuerlicher Routine und Langeweile verbringen müssen – und ich habe immer Herausforderungen und tolle Begegnungen gehabt: Dann weiß ich, dass ich dem Herrgott oder dem Schicksal zu großem Dank verpflichtet bin.

Rabl: Das zuvor Gesagte teile ich. Aber ich lege mehr Wert auf mein privates Glück als meine Mutter und mein Großvater. Und ich stehe mehr dazu, auf das private Glück Wert zu legen. Ich glaube, für das Glück wie das Unglück braucht es mehrere Dimensionen. Ich könnte nicht glücklich sein, wenn ich in einem Lebensbereich Unglück hätte.

Bacher: Das stimmt. Glück ist für mich ein im Moment wunschloser Zustand, von hoher Emotion aufgeheizt. Das kann aus völlig unterschiedlichen Anlässen, aber zuvorderst beruflichen zustande kommen. Glück ist auch – und das ist nicht kitschig gemeint: Wenn ich nach Haus komme, strahlt mich meine Frau – sie ist meine vierte – mit einer solchen Freude an, als wäre ich gerade aus dem Weltraum zurückgekommen. So angestrahlt haben mich zuvor nur zwei Menschen: meine Tochter Helga – und meine leider schon verstorbene Mutter. Da könnte ich nicht sagen: Das eine ist das kleine, das andere das große Glück. Glück ist, wenn es echt ist.

Stimmt es, dass, wer viel Glück hat, auch viele Neider hat?

Bacher: Das stimmt. Ich kann nur mit dem banalen Satz antworten: Den Neid muss man sich hart erarbeiten. Und da war ich schon immer sehr arrogant. Ich sagte mir: Gott sei Dank bin ich einer, den man beneidet.

Eine letzte Frage: Ist Gesundheit Glück?

Bacher: Je älter man wird, desto triftiger ist diese Frage. Wenn man immer nur sagt: “Hoffentlich werd ich nicht krank” – dann halte ich das für einen überflüssigen Selbstterror. Wenn man aber eine ernstere Geschichte überwinden konnte, dann ist es Glück. Gesundheit ist nicht alles, aber alles ist nichts ohne Gesundheit.

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