Matthias Hartmann – Ruhmloses Ende eines Karrieristen

Es half ihm nicht, den Narren zu spielen: Matthias Hartmann ist in der 240-jährigen Geschichte des Burgtheaters der erste Direktor, der gefeuert wurde. Kommentar für die Schweizer Zeitschrift “Musik & Theater”, März 2014

Das Burgtheater war sein erklärtes Ziel gewesen. Matthias Hartmann konnte einfach nicht Nein sagen, als man ihm die Direktion anbot – obwohl er damals, im Juni 2006, erst ein knappes Jahr Intendant des Zürcher Schauspielhauses war.

Dementsprechend taktisch ging er die Sache an. Er spuckte grosse Töne („Sie haben den Besten gewollt, Sie haben ihn bekommen“), er inszenierte seine erste Pressekonferenz als multimediale Show, die seinesgleichen suchte, und startete im September 2009 höchst erfolgreich mit den beiden Teilen von Goethes „Faust“, einem Projekt also, das sein Vorvorgänger Claus Peymann in Wien nie zu realisierten vermochte.

Zudem freundete sich der Porschefahrer mit einflussreichen Menschen an, darunter mit mehreren Chefredakteuren. Von den Boulevardmedien, die in den 1990er-Jahren gegen den „Piefke“ Peymann zu Felde gezogen waren, hatte Hartmann, ebenfalls Deutscher, daher nichts zu fürchten. Auch wenn er sich nun als Opfer hinstellt, der für die Fehler anderer zu „büssen“ habe, und von einer „medialen Schlammschlacht“ spricht, die es nicht einmal in Ansätzen gab: Hartmann ist selbst dafür verantwortlich, dass er am 11. März fristlos entlassen wurde.

Er wollte bis zum bitteren Ende nicht wahrhaben, dass er als künstlerischer Direktor und Co-Geschäftsführer „die Verpflichtung zur wirtschaftlichen, zweckmässigen und sparsamen Gebarung unter Bedachtnahme auf die verfügbaren, dem Burgtheater zur Erfüllung seiner Aufgaben zugewiesenen Mittel“ hat, wie es in seinem Vertrag steht: Andauernd wiederholte er, der Narr, dass er für die Kunst zuständig sei – und nicht für die Buchhaltung. Er habe ohnedies die Besucherzahl gesteigert, ganz besonders die Einnahmen, und gleichzeitig die Kosten gesenkt, indem er das Ensemble verkleinerte.

Doch die Politik billigte „nur“ eine Basisabgeltung in der Höhe von rund 46 Millionen Euro ohne Valorisierung zu. Das „Feuerwerk“, mit dem Hartmann startete, und auch die Folgejahre kosteten jedoch weit mehr Geld. Seine kaufmännische Geschäftsführerin, Silvia Stantejsky, wollte aber nie die Verhinderin sein: Sie ermöglichte immer alles. Um im Jahresabschluss die schwarze Null zu erreichen, die von der Bundestheaterholding als übergeordnete Instanz gefordert wurde, bediente sie sich einiger Tricks. Sie fingierte Belege und stellte den Wert von Produktionen in den Bilanzen zu hoch dar. Erst im November 2013 fielen ihre Manipulationen auf.

Hartmann argumentierte, dass er die finanziellen Probleme von seinem Vorgänger, Klaus Bachler, geerbt habe. Doch das stimmt so nicht. Und er wirkt auch nicht glaubwürdig, wenn er behauptet, von den „dolosen“, also strafrechtlich relevanten Handlungen seiner Geschäftsführerin nichts gewusst zu haben. Denn Stantejsky, die „Mutter der Kompanie“, verwahrte auch seine Honorare aus der Vorbereitungszeit; diese Beträge (respektable 233.000 Euro) wurden ihm dann bar an der Hauptkassa ausbezahlt. Und selbst wenn er das „System Stantejsky“ nicht gekannt haben sollte: Der Direktor ist letztverantwortlich – einerlei, ob er um die Missstände wusste und nichts dagegen tat, oder ob er sich um das Rechnungswesen gar nicht kümmerte. So das Rechtsgutachten, das die Basis der Entlassung bildete.

Hartmann gab den schlechten Verlierer: Er beschuldigte das Ensemble, ihm den „Todesstoss“ versetzt zu haben. Denn es hatte ihm das Misstrauen ausgesprochen. Wie sich herausstellte: zu recht.

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